18.10.2019Abgasskandal

Dieselskandal: Nächstes Gericht verweigert VW Nutzungsentschädigung

Erneut hat sich ein Landgericht dagegen entschieden, die Volkswagen AG für ein manipuliertes Fahrzeug eine Nutzungsentschädigung durch den geschädigten Verbraucher zuzugestehen. „Ein Abzug der gezogenen Nutzungen widerspricht dem Sinn und Zweck des Schadensersatzanspruchs wegen sittenwidriger Schädigung“, führte das Landgericht Mühlhausen (Thüringen) in einem durch die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstrittenem Urteil (Az.: 6 O 647/17) aus. Der geschädigte Verbraucher war mit dem Fahrzeug 58.113 Kilometer gefahren. Volkswagen wurde wegen „sittenwidriger Schädigung“ zu Schadensersatz verurteilt und der Kaufvertrag für nichtig erklärt.

„Betrug darf sich nicht lohnen“, reagierte Dr. Ralf Stoll zufrieden auf das Urteil vom 11. Oktober 2019. Das Thema Nutzungsentschädigung sieht der Anwalt als einen der zentralen Punkte bei der Abwicklung des Diesel-Abgasskandals. Die VW AG versuche die einzelnen juristischen Verfahren gegen sie in die Länge zu ziehen, um auf diese Weise eine mögliche Nutzungsentschädigung in die Höhe zu treiben und so den zu zahlenden Schadensersatz zu minimieren. Ralf Stoll: „Das werden wir mit allen Mitteln verhindern.“ Auch das Landgericht Kiel hatte in einem Urteil (Az.: 11 O 243/18) vom 1. Oktober Nutzungsentgelt mit der Begründung abgelehnt, VW dürfe für sein „sittenwidriges“ Verhalten nicht belohnt werden. Auch dieses Urteil hatte die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer aus Lahr erstritten.

 

Der Kläger erwarb im aktuellen Fall im Mai 2015 in einem Autohaus in Heiligenstadt einen VW Polo 1,6 TDI zum Preis von 10.881 Euro. Da der Motor EA189 mit einer manipulativen Abschaltvorrichtung ausgerüstet war, forderte der Kläger im Juli 2017 die Rücknahme des Autos und die Rückerstattung des Kaufpreises. Das Landgericht folgte nun in erster Instanz dem Antrag des Klägers. Volkswagen habe gemäß § 826 BGB sittenwidrige gehandelt und sei zum Schadensersatz verpflichtet. Der im Fahrzeug des Klägers eingebaute Motor verfügte nach Ansicht des Gerichts beim Kauf über eine unzulässige Abschalteinrichtung, die den EU-Normen nicht entsprach. Das Indenverkehrbringen von Motoren, die über eine unzulässige Abschaltrichtung verfügen, ist im hohen Maße sittenwidrig und verwerflich, urteilte das Landgericht Mühlhausen weiter. VW ging es nach Ansicht des Gerichts alleine darum, den Absatz ihrer strittigen Motoren zu steigern. Dadurch habe der Kläger Schaden erlitten. Es habe zumindest latent die Gefahr einer Betriebsuntersagung oder Betriebsbeschränkung bestanden.

 

Das Landgericht Kiel hatte sich in seinem Urteil näher mit dem Schadensersatzrecht beschäftigt. Im Rahmen des Schadensersatzrechtes werde in der Regel eine Nutzungsentschädigung zugesprochen, wenn eine Vorteilsausgleichung vorzunehmen sei. Diese müsse dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen, das heißt sie dürfe den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig. Beide Voraussetzungen sah das Gericht im Fall jedoch nicht gegeben. Der Kläger sei zwar mit dem Fahrzeug gefahren. Er habe es damit genutzt. Die Nutzung eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuges könne allerdings jederzeit untersagt werden. Die Beklagte habe sich durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung grob sittenwidrig und verwerflich verhalten. Wenn jetzt der Kläger eine Nutzungsentschädigung an die Beklagte zu entrichten hätte, würde dies im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass der Kläger Miete für ein Fahrzeug zahlen müsste, welches durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten in den Verkehr gebracht worden ist. „Damit würde die Beklagte im Ergebnis einen geldwerten Vorteil aus ihrem sittenwidrigen Verhalten ziehen. Ein solches Ergebnis ist nicht hinnehmbar“, hieß es in dem Kieler Urteil. „Die von der Beklagten entwickelte kriminelle Energie würde mit einem erheblichen geldwerten Vorteil für die Beklagte honoriert werden. Dies wäre eine deutlich unbillige Begünstigung. Außerdem wollte der Kläger das Fahrzeug kaufen und nicht mieten.“ Die Zahl der Gericht, die gegen eine Nutzungsentschädigung sind, steigt derzeit an.

 

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten. In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018 und 2018/2019 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führen in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG.