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Abgasskandal weitet sich nach DUH-Enthüllungen aus
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Deutsche Umwelthilfe enthüllt Bosch-Dokumente
Abgasskandal: Autoindustrie plante ab 2006 Manipulation im großen Stil

Die Geschichte des Diesel-Abgasskandals muss nach Enthüllungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vom 17. November 2022 neu geschrieben werden. Die DUH hat interne Dokumente des Automobilzulieferers Bosch vorgelegt. Nach Ansicht des Umweltschutz- und Verbraucherverbandes bestand im Diesel-Abgasskandal ein Kartell aus Audi, BMW, Daimler Chrysler, VW und Bosch.

Die Automobilhersteller haben bei Bosch Softwarelösungen bestellt, die die Abgasreinigung der Dieselmotoren manipuliert. Bereits 2006 haben die Bosch-Ingenieure daraufhin gewiesen, dass es mit diesen sogenannten Abschalteinrichtungen rechtliche Probleme geben wird. Die DUH hat die Bosch-Unterlagen im Sommer 2022 aus dem Umfeld der Automobilindustrie zugespielt bekommen und weiter an die Staatsanwaltschaft in Stuttgart weitergeleitet. 

Inhaltsverzeichnis

Enthüllungen der deutschen Umwelthilfe
Rechtsanwalt Ralph Sauer erklärt was die Enthüllungen im Dieselskandal zu bedeuten haben.

Bitte um dieses Video zu sehen.

DUH: Autoindustrie planten Diesel-Abgasskandal aus „Profitgier“

Für DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch weitet sich durch die Bosch-Unterlagen der „größte Industrieskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte“ aus. Die vorgestellten internen Dokumente zeigen nach Ansicht der DUH ein „Dieselgate-Betrugskartell“ aus Audi, BMW, Daimler Chrysler, VW und Bosch. Die Dieselkonzerne beauftragten Bosch aktiv mit der Entwicklung der Manipulationssoftware – trotz nachgewiesener Kenntnis über die rechtlichen Probleme. „Nicht einzelne VW-Ingenieure, sondern die Profitgier der vier größten Automobilunternehmen Deutschlands führte zur Entwicklung von insgesamt 44 unterschiedlichen Varianten der Betrugssoftware“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. „Damit ist der letzte Beweis erbracht, dass Dieselgate nicht durch einzelne VW-Ingenieure ohne Kenntnis des Vorstandes zustande kam. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Auftragsarbeit von Bosch für die vier größten Automobilunternehmen in Deutschland“, betonte Resch weiter.

Unsere Kanzlei sieht die Enthüllungen als Meilenstein in der Aufarbeitung des Abgasskandals - und das sieben Jahre nach Aufdeckung des Skandals in den USA. Bisher haben Hersteller in gerichtlichen Auseinandersetzungen stets argumentiert, dass sie nicht wussten, ob die Abschalteinrichtungen illegal seien. Die Dokumente aus dem Hause Bosch belegen allerdings das Gegenteil. Interessant wird nun auch die Frage sein, welche Rolle das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und das Bundesverkehrsministerium in dem Skandal wirklich spielen. Was wusste das KBA? Was wussten die jeweiligen Ressortchefs? Die neuesten Enthüllungen werden weite Kreise ziehen und die Chancen vor Gericht Schadensersatz für Millionen von Verbrauchern zu erzielen, sind jetzt enorm gestiegen.

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Argumentation der Autohersteller im Abgasskandal vor Gericht bricht zusammen

Die Enthüllungen von Unterlagen des Automobilzulieferers Bosch zum Abgasskandal läutet eine Zeitenwende auch in der Rechtsprechung ein. Der internationale Verkehrsexperte Dr. Axel Friedrich sieht erhebliche Auswirkungen der Enthüllungen auf die gerichtliche Aufarbeitung des Abgasskandals: „Nach meiner Einschätzung lässt sich die Feststellung von Gerichten eines Verbotsirrtums der Pkw Hersteller nicht mehr halten. Das eröffnet für Pkw-Besitzer neue Möglichkeiten des Schadenersatzes. Es ist ein Skandal, dass diese Daten so lange zurückgehalten wurden.“ Die Hersteller haben sich beim Einbau der Abschalteinrichtungen nicht darüber geirrt, dass der Einsatz illegal sei, wie sie es gebetsmühlenartig in den Prozessen vorbringen. Sie haben beispielsweise das Thermofenster bestellt und verwendet, obwohl ihnen bekannt war, dass der Einsatz unzulässig ist. Damit liegt eine bewusste Täuschung der Kunden vor. Hier die wichtigsten Erkenntnisse aus den Bosch-Protokollen:

  • Die vorliegenden Protokolle weisen bis ins Jahr 2006 zurück.
  • Alle Beteiligten des Kartells waren über die rechtlichen Probleme informiert.
  • Auch AdBlue-Motoren sind im Abgasskandal involviert. Unterlagen von November 2009 verweisen mit Hinweis auf ein Protokoll vom 14. September 2006 unter Teilnahme von Bosch, Audi, VW, Daimler Chrysler und BMW auf den Wunsch der Bosch-Kunden nach einer Funktion, die in bestimmten Betriebsbereichen geringere Umsätze der Harnstoffdosierung erreicht.
  • Auch das sogenannte Thermofenster ist von langer Hand geplant und umgesetzt worden: Weiter wird in den Protokollen als Beispiel explizit die temperaturabhängige Umschaltung vom Prüfmodus in den realen Straßenmodus genannt – mit anderen Worten genau jene Funktion, die der Europäische Gerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung vom 8. November 2022 zu einem Verfahren der DUH gegen das Kraftfahrt-Bundesamt als illegal bewertet. Dabei weist Bosch in den Verhandlungen mit seinen Kunden bereits zu diesem Zeitpunkt wiederholt darauf hin, dass Applikationen dieser Art nicht mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang stehen.
  • Auch die als sauber geltenden AdBlue-Motoren sind mit Abschalteinrichtungen ausgerüstet worden. Das Bosch-Protokoll vermerkt mehrfach, dass die „Produktparameter (…) Auswirkungen auf (…) die Einhaltung behördlicher Vorschriften haben können“. In einem Diagramm zum „Funktionsprinzip Dosierung“ wird deutlich dargestellt, dass neben der normalen „Vorsteuerung“ der Harnstoffdosierung eine „Alternative“ Vorsteuerung programmiert und die „Umschaltung“ beispielsweise nach der Lufttemperatur erfolgt.
  • Der Skandal nahm bereits im Jahr 2006 seinen Lauf: Unmissverständlich weist das Dokument auf eine „Folie aus einem Arbeitskreis Audi, VW, BMW, DC und Bosch vom 14.9.2006 hin, in der vermerkt ist, dass die „Auswirkungen auf die Einhaltung behördlicher Vorschriften (…) haben kann“. Sie schließt mit der klaren Aufforderung an die vier Dieselkonzerne: „Applikationsverantwortung sowie Rechtfertigung der Funktion selbst liegt beim Kunden“. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, was damit gemeint ist, folgt eine Folie „Beispiel: Reaktion US-Behörden“, in der einer Umschaltfunktion bei Benzinemissionen zwischen Labor und Fahrbetrieb eines vorsätzlichen Betrugs von Toyota im Jahr 2002 in den USA zu einer Millionenstrafe und einer verfügten Nachrüstung aller betroffener 150.000 Fahrzeuge beschrieben wird. 
  • Klar ist auch, dass nicht nur VW, Audi, Porsche, Daimler Chrysler, Opel und BMW-Abschalteinrichtungen bestellt haben. Auch Toyota und Fiat tauchen in den Dokumenten auf.
  • Die DUH betonte auf der Pressekonferenz, dass nicht nur Bosch Abschalteinrichtungen geliefert habe, sondern auch Zulieferer wie Conti und Delphi.
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Abgaskartell von VW, Audi, Porsche, Mercedes und BMW aufgedeckt
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Was bedeuten die DUH-Enthüllungen für den Abgasskandal?

Ganz klar: Der Abgasskandal ist noch lange nicht zu Ende. Egal ob bei VW, Mercedes, Opel oder BMW es geht unter anderem um das sogenannte Thermofenster, das die Abgasreinigung temperaturabhängig steuert – sprich abschaltet. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die wichtigsten Facetten der juristischen Entwicklungen im Abgasskandal der vergangenen Monate vor dem Hintergrund der DUH-Enthüllungen zusammen:

  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 8. November 2022 in einem Urteil unterstrichen, dass das sogenannte Thermofenster in der Motorsteuerung illegal ist (Az.: C-873/19). Die meisten Dieselfahrzeuge ohne AdBlue regeln die Abgasreinigung temperaturabhängig durch das Thermofenster und halten so die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nicht ein. Nur der Harnstoff AdBlue garantiert - ausreichend dosiert - die Einhaltung der Grenzwerte. Nach dem Urteil könnten alle Dieselmotoren auf deutschen Straßen ohne AdBlue-Einspritzung illegal unterwegs sein.
  • Darüber hinaus kommt Dieselgate 2.0 bei VW ins Rollen. Betroffen ist unter anderem der Nachfolgemotor des EA189. Auch im EA288 sollen Abschalteinrichtungen verbaut worden sein. Auch hier geht es um das Thermofenster. Gleiches gilt für die 3-Liter-Motoren EA897 und EA896.
     
  •  Auch Fiat hat einen Abgasskandal. Im Sommer 2020 durchsuchten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt Büroräume von FCA und Iveco – beide gehören zum Fiat-Imperium. „Frankfurt: Durchsuchungen wegen des Verdachts des Betruges im Zusammenhang mit Diesel-Abschalteinrichtungen“, titelte die Staatsanwaltschaft. Die Abgasreinigung der Motoren soll so manipuliert werden, dass die EU-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Im realen Straßenverkehr wird die Umwelt verpestet und die Gesundheit der Bürger gefährdet. Weil Fiat und Iveco Fahrgestelle und Motoren an Herstellern von Reise- und Wohnmobilen verkaufen, hielt der Abgasskandal somit Einzug in die gerade durch die Corona-Pandemie boomende Branche. Fiat soll auch das Thermofenster in seinen Motoren verbaut haben.
EuGH

Die einzelnen Marken in den Bosch-Dokumenten

Fiat hat mehrere Abschalteinrichtungen in Auftrag gegeben. Betroffen sind auch die Motoren mit AdBlue. Das ist völlig neu. Besitzer von Wohnmobilen mit Fiat-Basisfahrzeug können mit Hilfe der Bosch-Dokumente leichter Schadensersatz einklagen. Auch Motoren mit AdBlue sind nun vom Skandal betroffen. Darüber hinaus hat Fiat auch eine Manipluationssoftware für das On-Board-Diagnose-System bestellt, damit die Abgasmanipulation nicht durch das elektronische Überwachsungssystem des Fahrzeugs auffliegt.

Mercedes war bei der Abgasmanipulation von Anfang an dabei. Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe bildete Mercedes gemeinsam mit Audi, VW und BMW ein Kartell. Ein Bestreiten der Vorwürfe vor Gericht wird damit sehr schwierig und Schadensersatz für Daimler-Kunden immer wahrscheinlicher.

VW ist am Bundesgerichtshof zum Skandalmotor EA189 bereits verurteilt worden. Jetzt lässt sich die Abgasmanipulation auch an den neueren Motoren wie den EA288 belegen. Klar lässt sich belegen, dass die Wolfsburger auch das Thermofenster bestellt haben, um die Abgasreinigung auf dem Prüfstand einhalten zu können. Eine Verurteilung zu Zahlung von Schadensersatz wird nach Ansicht unserer Kanzlei mit Hilfe der Bosch-Unterlagen unausweichlich sein.

Klar ist auch: Opel und BMW haben bei Bosch illegale Software bestellt. BMW bestreitet den Einbau von unzulässigen Abschalteinrichtungen bis heute. Die Bosch-Dokumente stärken vor Gericht die Position der Verbraucher. Und BMW wusste auch, dass die bestellte Software die Abgasreinigung auf illegale Weise manipuliert.

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