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Vertraulichkeit ist von Gruppengröße abhängig
BAG-Urteil: Bei Beleidigung des Chefs in WhatsApp-Gruppe droht Kündigung

Im vermeintlich vertraulichen digitalen Raum geschlossener Internet-Chatgruppen werden gelegentlich beleidigende oder sogar rüde Kommentare über Vorgesetzten oder Kollegen abgeben. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. August 2023 unterstreicht nun die möglichen schwerwiegenden Konsequenzen: Im äußersten Fall kann dies zur Kündigung führen, wenn der Inhalt solcher Chats öffentlich wird. Im vorliegenden Fall betraf es eine WhatsApp-Gruppe, bestehend aus befreundeten Arbeitskollegen der Fluggesellschaft TUIfly. Chat-Mitglieder hatten sich beleidigend, rassistisch und sexistisch über einen Vorgesetzten geäußert und sogar zur Gewalt aufgerufen. Das BAG entschied, dass die daraufhin ausgesprochene fristlose Kündigung rechtens sein könnte (Az.: 2 AZR 17/23). Wer als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Probleme in arbeitsrechtlichen Fragen hat, dem bietet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer eine kostenlose Erstberatung im Online-Check an. Weitere Infos gibt es auf unserer speziellen Website.

Wann sind Chatgruppen vertraulich?

Die höchsten deutschen Arbeitsrichter haben entschieden, dass Mitglieder von geschlossenen Chatgruppen nur in Ausnahmefällen auf den Schutz der Vertraulichkeit zählen können, wenn es zu außerordentlichen Kündigungen kommt. Mit dieser Entscheidung heben sie Urteile der niedersächsischen Vorinstanzen auf, die eine "berechtigte Vertraulichkeitserwartung" der Chatgruppenmitglieder angenommen hatten, was auf Verschwiegenheit hinausläuft. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst das Verfahren zusammen: 

  • Im vorliegenden Fall ging es sich um eine private WhatsApp-Gruppe mit fünf Mitgliedern, die 2014 von Mitarbeitern der Fluggesellschaft TUIfly in Hannover gegründet wurde. Im November 2020 wurde ein ehemaliger Kollege in die Gruppe aufgenommen.
  • Ausgangspunkt des Verfahrens waren Auszüge aus einem Chat, in dem Mitglieder des Chats über einen Manager ihres Unternehmens herzogen. Die Nachrichten gelangten zunächst zum Betriebsrat und dann zum Personalchef des Unternehmens, nachdem ein anderer Mitarbeiter den Chatverlauf kopiert hatte, nachdem ihm die Nachrichten gezeigt wurden. Die Echtheit des Chats wurde von einem der Beteiligten schriftlich bestätigt.
  • Der Arbeitgeber sprach fristlose Kündigungen gegen Chatmitglieder aus. In den Chats hatten die Mitarbeiter nach Angaben des Gerichts ihren Vorgesetzten mit rassistischen, teils menschenverachtenden und sexistischen Äußerungen beleidigt. Sie riefen auch zur Gewalt auf, indem sie etwa von "in die Fresse hauen" sprachen. Es wurde sogar mit einem Anschlag gedroht. 
  • Die Richter in Erfurt hatten die Aufgabe, festzustellen, ob eine WhatsApp-Gruppe unter Kollegen als geschützter Raum betrachtet werden kann, in dem private Beleidigungen von Vorgesetzten ohne arbeitsrechtliche Folgen ausgetauscht werden können.
  • Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigungen möglicherweise rechtmäßig sein können. Mitglieder geschlossener Internet-Chatgruppen können im Falle von rassistischen Äußerungen oder Beleidigungen gegenüber Arbeitskollegen oder Vorgesetzten nur unter bestimmten Bedingungen auf Vertraulichkeit hoffen. Eine WhatsApp-Gruppe kann nicht automatisch als geschützter privater Raum angesehen werden, in dem uneingeschränkte Vertraulichkeit herrscht und Beleidigungen ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen ausgetauscht werden dürfen. 
  • Das BAG argumentierte weiter, dass die Erwartung von Vertraulichkeit stark von der Art der Nachrichten und der Größe der Gruppe abhängt. Insbesondere bei "beleidigenden und menschenverachtenden Äußerungen über Betriebsangehörige" muss nachgewiesen werden, warum die Arbeitnehmer erwarten konnten, dass der Inhalt von keinem Gruppenmitglied an Dritte weitergegeben wird. Das BAG verwies das Verfahren an die Vorinstanz zurück. Vor diesem Gericht müssen die Kläger erneut darlegen, warum sie davon ausgingen, dass die Vertraulichkeit aller Chatgruppenmitglieder gewahrt bleiben würde.

Fazit: Die Rechtsprechung zu diffamierenden Äußerungen in geschlossenen Messaging-Gruppen war bisher in Deutschland uneinheitlich. Daher dürfte das Urteil des BAG in Erfurt einen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit in solchen Fällen geleistet haben.

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Der Fall zeigt eines deutlich: Wer seine Rechte und Pflichten kennt, ist klar im Vorteil. Das gilt für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber. Hält sich eine der beiden Parteien innerhalb eines Arbeitsverhältnisses nicht an sie, ist ein Anwalt für Arbeitsrecht gefragt. Denn: Konflikte im Arbeitsrecht lösen sich nur professionell. Mandanten der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer genießen individuelle Beratung an den Standorten Lahr, Stuttgart, Ettenheim und Kenzingen. Hier vertreten unsere Fachanwälte Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Führungskräfte sowie Betriebsräte direkt vor Ort, aber auch bundesweit sind wir bei außergerichtlichen und gerichtlichen Verhandlungen für unsere Mandanten da. Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Stoll & Sauer bietet eine kostenlose Erstberatung im Online-Check an. Gemeinsam und individuell finden wir den richtigen Weg aus jeder heiklen Arbeitsrechtssituation.

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