Behandlung von Schrottimmobilien vor Gericht
Der Begriff der Schrottimmobilien wird oft im Zusammenhang mit dem steuerlich subventionierten Bauboom in Ost- und Westdeutschland nach der Wiedervereinigung verwendet. Man glaubte, dass dieser Boom unaufhörlich sei und somit wurden den Anlegern völlig falsche Wachstumsvorstellungen aufgezeigt. Diese Hoffnung auf schnelle Gewinne konnte sich also nicht bewahrheiten, vielmehr wurden Schrottimmobilien zu einem dauernden Verlustgeschäft für deren Anleger.
Aus diesem Grunde häuften sich die Klagen auf Rückabwicklung dieser Beteiligungen an den Schrottimmobilien. Viele Gerichte, auch der Bundesgerichtshof, konnten schon einige Male ihre Auffassung über die Behandlung von Schrottimmobilien mitteilen: hierbei ist deutlich ein Trend hin zu anlegerfreundlichen Urteilen zu erkennen, da geschädigte Anleger von Schrottimmobilien mehr und mehr Erfolge vor Gericht verzeichnen konnten. Auch der BGH urteilte schon zugunsten einer Rückabwicklung des kreditfinanzierten Kaufs der Schrottimmobilien.
Doch Anleger mussten lange für eine Anerkennung ihrer Verluste vor den Gerichten kämpfen, da die Rechtsprechung früher eher restriktiv in Bezug auf Schrottimmobilien urteilte: früher war man der Auffassung, dass die Banken keine Aufklärungspflicht bezüglich der Risiken der Schrottimmobilie hätten, dass vielmehr das Risiko alleine beim Darlehensnehmer liege, dieser also weitere Fachleute zu Rate ziehen könne (BGHZ 159, 294, 316). Nur unter besonderen Umständen sollte eine Aufklärungspflicht der Banken bestehen, so vor allem, wenn eine Konstellation vorliegt, die ein besonderes Aufklärungs- und Schutzbedürfnis des Darlehensnehmers begründet und nach Treu und Glauben einen Hinweis der Bank gebietet. Dies sei wiederum nur dann gegeben, wenn die Bank in Bezug auf die speziellen Risiken des kreditfinanzierten Kaufs der Schrottimmobilie einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann. Weiterhin liegen solche besonderen Umstände vor, wenn sich die Bank in einen schwerwiegenden Interessenkonflikt verwickelt hat oder wenn sie ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten hat und hierdurch ein begründetes Vertrauen des Darlehensnehmers in sich geschaffen hat (z.B. BGHZ 159, 294, 316).
Dies nachzuweisen, war für den Anleger der Schrottimmobilie meist mit einigen Schwierigkeiten behaftet, weswegen es für sie anfänglich sehr schwer war ihre Rechte durchzusetzen. Deswegen wurde schon früh versucht die Rechte der Anleger von Schrottimmobilien auf anderer Weise, wie z.B. durch Heranziehung des Haustürwiderrufsrechts durchzusetzen. Doch mit der Zeit wurde die restriktive Linie der Gerichte in Bezug auf die Problematik mit Schrottimmobilien aufgegeben, indem zunächst entschieden wurde, Anlegern von Schrottimmobilien für die oben genannte Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs eine Beweiserleichterung zu gewähren. Im Urteil des BGH vom 16.05.2006 (XI ZR 6/04) wurde klargestellt, dass ein konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistige Täuschung der Anleger durch unrichtige Angaben des Vermittlers oder Verkäufers vermutet wird und somit eine Aufklärungspflicht der Kreditinstitute nach sich zieht, wenn die Kreditinstitute und Verkäufer in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken. Ein solches Zusammenwirken, das die Vermutung auslöst, ist vor allem immer dann gegeben, wenn die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer angeboten wurde. In diesen Fällen wird also die Kenntnis der Bank von der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer der Schrottimmobilie widerleglich vermutet, sodass diese, um einer Eigenhaftung zu entgehen, eine Aufklärungspflicht diesbezüglich wahren muss.
Doch bei dieser Beweislasterleichterung für die Anleger blieb es nicht, vielmehr weitete der BGH seine anlegerfreundliche Rechtsprechung dahingehend aus, dass Banken eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung durch Täuschung über die Höhe von Vertriebsprovisionen in den Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträgen begehen können. Klären die Banken nicht darüber auf, dass ihnen höhere Vertriebsprovisionen zugeflossen sind, als in den Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträgen ausgewiesen wurden, so stellt dies eine arglistige Täuschung der Käufer der Schrottimmobilien dar, wodurch eine Schadensersatzpflicht der Bank ausgelöst wird. Dieser weitere Rettungsanker für geschädigte Anleger der Schrottimmobilien führte der BGH erstmals in seinem Urteil vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08) aus. In dem dem BGH zugrundeliegenden Sachverhalt wurde in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag für den kreditfinanzierten Kauf der Schrottimmobilie eine Provision von ca. 6 % angezeigt, die sich aus Sicht des Anlegers als Gesamtprovision darstellte. In Wahrheit floss aber mindestens eine Vertriebsprovision von 15 %, sodass der Bank eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung zur Last gelegt wurde.
Am 11.01.2011 (XI ZR 220/08) konnte der BGH diese Rechtsprechung im Fall „Badenia Schrottimmobilien“ fortsetzen: der BGH entschied auch hier, dass die Badenia Bausparkasse dem Käufer der Schrottimmobilie die tatsächliche Höhe der geflossenen Provisionen hätte offenlegen müssen und somit also auf die Unterschiede in Bezug auf den Objekts- und Finanzierungsvermittlungsauftrag hätte hinweisen müssen. Da die Badenia Bausparkasse dies nicht tat, hat sie ihre Aufklärungspflicht in Bezug auf den Käufer der Schrottimmobilie verletzt.
Vor kurzem wurde auch zum ersten Mal die Hypovereinsbank im Zusammenhang mit Schrottimmobilien vom BGH wegen arglistiger Täuschung in die Pflicht genommen (BGH, Beschluss vom 05.07.2011 - XI ZR/ 342/10). Dieser bestätigte das Urteil des OLG Köln, in welchem entschieden wurde, dass die Hypovereinsbank einen Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs über eine arglistige Täuschung der Kläger über das Anlageobjekt durch den Bauträger und Vertreiber zu bezahlen hat.