13.06.2016Sonstiges

Offene Immobilienfonds: OLG Koblenz bestätigt, dass verständlich über Schließungsmöglichkeit und Liquidationsrisiko aufzuklären ist – Urteil von Kanzlei Dr. Stoll & Sauer erstritten

Zahlreiche offene Immobilienfonds haben ihre Anleger in den Jahren 2005 bis 2012 mit Schließungen und später auch Auflösungen überrascht. Denn den Anleger waren diese Fonds oftmals als jederzeit verfügbar angepriesen worden. Dass es gesetzliche Regelungen gibt, dass und wann ein offener Immobilienfonds schließen muss, wurde den allermeisten Anlegern erst dann bewusst, wenn sie von einer Schließung betroffen waren. Die Gesetzeslage hat sich seit August 2011 zwar verändert. Die Folgen des Marktkollapses beschäftigen die Gerichte allerdings auch heute noch. So auch im Fall eines von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vertretenen Anlegers.

Der Entscheidung lag – vereinfacht dargestellt – folgender Sachverhalt zugrunde: Der Anleger hatte im Herbst 2009 und Winter 2010 auf Rat seines Anlageberaters wiederholt Anteile an offenen Immobilienfonds erworben. Was der Anleger nicht wusste: Beide Fonds, an welchen er Anteile erworben hatte, war wenige Monate zuvor geschlossen gewesen. Einer der beiden Fonds hatte sogar wiederholt die Anteilsrücknahme ausgesetzt. Im Frühjahr und Sommer 2010 wurden beiden offenen Immobilienfonds geschlossen. Sie blieben bis zur Auflösung im Februar bzw. Mai 2012 ununterbrochen geschlossen. Der Anleger machte Schadensersatzansprüche gegen seinen Anlageberater geltend und berief sich darauf, dass dieser ihn nicht ordnungsgemäß über das Schließungs- und Liquidationsrisiko aufgeklärt habe.

 

In der ersten Instanz unterlag der Anleger. Das Gericht folgte der Version des Anlageberaters, dass dieser die Möglichkeit einer Schließung angesprochen habe, während der Anleger seine Sicht der damaligen Beratung nicht in den Gerichtsprozess einbringen durfte. Der Anleger ging daraufhin in Berufung. Dies verhalf ihm zu Erfolg, da das Oberlandesgericht Koblenz das erstinstanzliche Urteil aufhob und den Anlageberater wegen einer unzureichenden Anlageberatung zu Schadensersatz verurteilte.

 

Das Oberlandesgericht setzte – wie von der BGH-Rechtsprechung gefordert – voraus, dass ein Anleger  unabhängig von einer entsprechenden Rückfrage darüber aufgeklärt werden muss, dass ein offener Immobilienfonds die Anteilsrücknahme aussetzen kann. Das Gericht betonte auch ausdrücklich, dass ein Anleger in verständlicher Art und Weise darüber aufzuklären ist, dass ein offener Immobilienfonds schließen kann. Es muss auch verdeutlicht werden, welche Konsequenzen eine Schließung für einen Anleger hat. Das Gericht hält dies für erforderlich, weil „der durchschnittliche Anleger die Bedeutung und Wirkung der „Schließung“ eines offenen Immobilienfonds nicht kennt“.

 

Mit anderen Worten: Ein Anlageberater musste nicht nur erwähnen, dass offene Immobilienfonds geschlossen werden können. Er musste in für Laien nachvollziehbaren Worten erklären, welche konkreten Folgen eine solche Schließung für das investierte Geld hat. Denn eine Schließung musste spätestens nach zwei Jahren entweder durch eine Wiedereröffnung oder durch eine Auflösung enden. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts hatte der Anlegerberater eine solche Aufklärung nicht geleistet, obwohl ihm bekannt war, dass offene Immobilienfonds geschlossen werden können und dass dies bereits passiert war (OLG Koblenz, Urteil vom 19.06.2015 – Aktenzeichen: 8 U 138/15, noch nicht rechtskräftig (Stand 26.06.2015)).