16.01.2020Abgasskandal

VW Skandal - Urteil des EuGH steht kurz bevor / Gericht in Frankreich will Zulässigkeit der Abschalteinrichtung von VW klären

Der Diesel-Abgasskandal hat jetzt den Europäischen Gerichtshof EuGH in Luxemburg erreicht. Ein französisches Gericht lässt wichtige Fragen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung klären (Az.: C-693/18). Am 23. Januar 2020 hält der Generalanwalt seinen Schlussantrag. In der Regel folgt das Gericht in seinem Urteil diesen Ausführungen. Damit ist mit einer baldigen Urteilsverkündung zu rechen.  Das „Tribunal de grande instance de Paris“ hatte das sogenannte Vorabentscheidungsersuchen im Oktober 2018 dem EuGH vorgelegt. In der anonymisierten Vorlage geht es um einen Autohersteller, der in Frankreich Fahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht haben soll. Dabei ist ein Motor des Typs EA 189 verwendet worden. Damit ist klar, dass die Volkswagen AG im Verfahren involviert ist. Dem Verfahren gegen VW haben sich 1200 Nebenkläger angeschlossen.

Im Mittelpunkt des Verfahrens steht die Abgasreinigung der Fahrzeuge. Autohersteller versuchen mit einem Rückführsystem bei der Abgasreinigung die Stickoxid-Emissionen zu senken. Die Rückführung der Abgase in den Verbrennungsprozess wird über ein Ventil geregelt. Untersuchungen von französischen Gutachtern haben ergeben, dass dieses Ventil nur im Prüfmodus dafür sorgt, dass die Abgaswerte und Zulassungsbedingungen erfüllt werden. Im normalen Fahrbetrieb hingegen kommt es zu einem erhöhten Stickoxid-Ausstoß. Die Fahrzeuge stellen eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar, heißt es in dem Ersuchen. Die Fahrzeuge hätten nicht die Zulassung erhalten dürfen, da sie die Abgasnormen im Normalbetrieb nicht eingehalten haben. Für die französische Justiz ist klar, dass laut der EG-Verordnung 715/2007 jeder Hersteller sein Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 so konstruieren muss, dass die zulässigen Emissionswerte unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen sind daher unzulässig. Außer sie dienen zum Schutz des Motors.

Im Kern des Verfahrens muss der EuGH nun zu folgenden Sachverhalten Stellung beziehen:

  1. Hat der Autohersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasrückführung verwendet?
  2. Sind die Käufer dadurch über wesentliche Merkmale des Fahrzeugs getäuscht worden?
  3. Hat die Abschalteinrichtung zu einem erhöhten Stickoxid-Ausstoß im realen Straßenverkehr geführt?
  4. Welche Bedingungen müssen gelten, damit die Abschalteinrichtung zum Schutzes des Motors aktiviert werden darf?
  5.  

EuGH-Verfahren hat auch Auswirkungen auf Deutschland

„Wir erwarten die Entscheidung des Gerichtshofs natürlich mit großer Spannung, weil sie auch für Deutschland von herausragender Bedeutung ist“, sagte Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gehört im Diesel-Abgasskandal zu den führenden in Deutschland und vertritt in einer Spezialgesellschaft rund 450.000 Verbraucher in der Musterfeststellungklage gegen VW. „Die Automobilindustrie wehrt sich derzeit mit Händen und Füßen dagegen, dass der EuGH im Diesel-Abgasskandal Stellung bezieht, obwohl es sich bei der Typengenehmigung um europäisches Recht handelt,“ führt Stoll weiter aus. Die Autohersteller denken sich immer raffiniertere Abschalteinrichtungen aus, die anders gestrickt sind wie beim EA 189, aber das gleiche Ergebnis erzeugen – nämlich EU-Recht zu brechen und die Luft zu verpesten.

Gerichte beschäftigen sich vor allem mit den sogenannten Thermofenstern, die dafür sorgen, dass die Abgasreinigung nur in bestimmten Temperaturbereichen hundertprozentig arbeitet, zulässig sind. In der Regel betrifft das nur zwei, drei Monate im Jahr. Verschiedene Gerichte haben inzwischen entschieden, dass ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und der Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz hat (hier). Das Landgericht Frankenthal hat bei einer Klage gegen Daimler ebenfalls den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Am Stuttgarter Landgericht wollte der sogenannte Diesel-Richter Dr. Fabian Richter Reuschle 21 Verfahren gegen Daimler zusammenlegen und ebenfalls dem EuGH wichtige Fragen im Abgasskandal zur Vorabentscheidung vorlegen. Er wollte explizit geklärt haben, ob das Thermofenster eine illegale Abschaltvorrichtung ist, ob die Abgas-Grenzwerte auch im Realbetrieb gelten, ob die Verbraucher eine Nutzungsentschädigung zahlen müssen und ob die Verbraucher den vollen Kaufpreis bei Rückgabe des Autos ersetzt bekommen. Der Autobauer versucht nun Reuschle mit einem Befangenheitsantrag aus dem Verkehr zu ziehen, um die europäische Entscheidung zu verhindern – mehr dazu hier. „Vor dem Hintergrund sind wir sind heilfroh, dass zumindest das französische Verfahren den Weg zum EuGH gefunden hat“, betonte Dr. Ralf Stoll.

 

Dr. Stoll & Sauer führt Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führen in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.