In der Verhandlung vor dem OLG Karlsruhe ging es um das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 04.11.2016 (Aktenzeichen 2 O 62/16, rechtskräftig). Nachdem die ARAG in der ersten Instanz verurteilt wurde, eine Deckungszusage zu erteilen, hatte die Versicherung Berufung eingelegt und das Urteil als fehlerhaft gerügt. Dieser Auffassung schlossen sich die Richter des Oberlandesgerichts nicht an. Sie teilten der ARAG in der Berufungsverhandlung sehr deutlich mit, dass die Berufung chancenlos sein wird und das Urteil nicht aufgehoben wird. Nach Einschätzung der Richter bestehe kein Zweifel daran, dass bei einer Klage des Autobesitzers gegen das Autohaus und die Volkswagen AG hinreichende Erfolgsaussichten bestünden. Der ARAG wurde nahegelegt, die Berufung zurückzunehmen. Um die absehbare obergerichtliche Verurteilung – und damit einen wichtigen Fingerzeig für andere Kunden - zu vermeiden, zog die Versicherung die Berufung noch während der Verhandlung zurück.
Damit ist die ARAG unanfechtbar dazu verurteilt, dem Kunden Deckungsschutz für das außergerichtliche und das gerichtliche Vorgehen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags und für Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG als Herstellerin des Motors zu gewähren. Zusätzlich wurde die ARAG rechtskräftig dazu verurteilt, den klagenden Versicherungsnehmer von den Kosten des durch die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer erstellten Stichentscheids freizustellen. Ein Stichentscheid ist ein Verfahren, in dem der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt sich mit den von der Rechtsschutzversicherung vorgetragenen rechtlichen Einwänden auseinandersetzen muss.
ARAG zeigte im VW-Skandal als kundenfeindliche Rechtsschutzversicherung
Der Erfolg vor dem Oberlandesgericht ist ein Meilenstein für die ARAG-Kunden. Denn das Verhalten der Rechtsschutzversicherung im VW-Skandal ist ohne gleichen und nicht mehr nachvollziehbar. Sie verweigerte seit Oktober 2015, ihren Kunden Deckungszusagen zu erteilen. Dies wurde damit begründet, dass Ansprüche auf die Rückabwicklung des Vertrags nach einem Rücktritt, die Lieferungen eines neuen Fahrzeugs oder Schadensersatzansprüche keine Erfolgsaussichten hätten. Diese Haltung wurde immer unverständlicher, je mehr Urteile zugunsten der Kunden ergangen sind und genau diese Ansprüche von den Gerichten bejaht wurden. Zum Hintergrund: Die hinreichenden Erfolgsaussichten liegen dann vor, wenn ein Anspruch rechtlich begründbar ist und nicht in einem genau vergleichbaren Fall von den Obergerichten abgelehnt wurde.
Etliche andere Rechtsschutzversicherer hatten zum Beginn des Abgasskandals zwar ebenfalls Bedenken, Deckungszusagen zu erteilen. Nachdem die ersten Urteile sich positiv zu den verschiedenen Rechten des Abgasskandals geäußert hatten, lenkten sie ein und erteilten für ihre Kunden Deckungszusagen. Nicht so die ARAG. Diese hielt monatelang unbeirrbar an ihrem einmal eingeschlagenen, kundenfeindlichen Kurs fest. Die vollständige Blockadehaltung der ARAG bröckelt erst seit einigen Wochen – es werden Deckungszusagen erteilt.
Denn in den vergangenen Monaten wurde massiver Druck aufgebaut. Zum einen wurde die ARAG neben der Klage beim Landgericht Mosbach zahlreiche weiteren Deckungsklagen konfrontiert – allein die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat ca. 100 ähnlichen Fällen Klagen bei Gerichten eingereicht. Zum anderen wurde die (BaFin) als Aufsichtsbehörde in dutzende Fälle eingeschalten. Auch bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sind die Vorgänge angelangt: Es wurden Strafanzeigen wegen Betrugs gegen Vorstände und bestimmte Sachbearbeiter gestellt.
In manchen Fällen geht die Auseinandersetzung mit der ARAG auch noch nach der Deckungszusage weiter
Obwohl sich die Haltung der ARAG sich nun endlich geändert hat, gibt es in einigen Fällen trotz Deckungszusagen immer noch Konflikte. Beispielsweise weigerte die ARAG in mindestens zwei Fällen den durch die Gerichte vorläufig festgesetzten Gerichtskostenvorschuss einzubezahlen. Stattdessen zahlte die Versicherung einen aus ihrer Sicht „passenden“ Gerichtskostenvorschuss. Dieses Vorgehen ist ein Affront, da die ARAG sich gegen eine gerichtliche Entscheidung stellt. Ein selbstherrliches Abändern der Gerichtskosten ist weder angezeigt noch erforderlich – denn im Lauf des Gerichtsverfahrens kann ein eventuell zu viel bezahlter Gerichtskostenvorschluss zurückgefordert werden. Erst durch das von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer veranlasste Einschreiten der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde für die ARAG wurde dann der durch das Gericht festgesetzte Gerichtskostenvorschuss angewiesen.