Es handelt sich um am 27.04.2017 gefällten Urteile um die Aktenzeichen
- 8 O 2404/16 (VW Tiguan)
- 8 O 3707/16 (Skoda Octavia)
- 8 O 5990/16 (Audi A4)
- 8 O 6120/16 (Audi Q5)
- 8 O 6196/16 (VW Passat)
- 9 O 3631/16 (VW Golf Plus)
- 9 O 7324/16 (Audi A4)
Alle sieben Urteile sind aktuell noch nicht rechtskräftig.
Das Landgericht – wie zahlreiche andere Gerichte auch – die Manipulationssoftware als Mangel ein. Die Software stelle eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung dar. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe die Software als illegal eingestuft; hieran sei die Volkswagen AG gebunden. Doch damit noch nicht genug: Das Landgericht positioniert sich auf sehr eindrücklich gegenüber dem Autobauer. Denn es bewertete den Softwareeinsatz sei als vorsätzlicher Betrug der VW AG gegenüber dem Kunden.
Kostenloses Update schließt Rücktritt nicht aus
Das Gericht setzte sich auch mit der Frage auseinander, ob die betroffenen Käufer überhaupt noch ihre Rechte aus dem Kaufvertrag geltend machen können, wenn eine Gratisnachbesserung angeboten wird. In den Urteilen wird dies bejaht und es wird kurz und bündig festgehalten:
„Rechtlich unbeachtlich ist ferner, dass die Beklagten das Update zur Software dem Kläger kostenlos anbieten. Dabei handelt es sich nur um nachträgliche Bemühungen der Beklagten zur Behebung des bereits entstandenen Schadens. Das lässt aber den Tatbestand eines bereits vollendeten Betrugs nicht rückwirkend entfallen.“
Mit anderen Worten: Die Volkswagen AG kann sich durch das kostenlose angebotene Softwareupdate nicht ihrer Verantwortung entziehen. Das Updateangebot lässt die Schadensersatzansprüche gegenüber VW nicht entfallen. Aus diesem Grund wurden auch VW und der Händler in sechs der sieben Urteile gemeinsam zur Rücknahme der jeweiligen Fahrzeuge verpflichtet. Der Händler muss aufgrund seiner kaufrechtlichen Verpflichtungen wegen des Mangels das Fahrzeug wieder zurücknehmen, während die Volkswagen AG aufgrund des Betrugs dazu verpflichtet ist.
KBA-Freigabe des Softwareupdates belegt nicht, dass Motorschäden ausbleiben werden
Das Landgericht betonte in diesem Zusammenhang auch, dass es offen ist, ob das Update zu Schäden am Motor führen kann. Das Gericht verweist darauf, dass die Freigabe des Updates durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hierzu nichts aussagen kann. Denn dies wird vom KBA nicht geprüft. Bemerkenswert ist auch, dass das Gericht kein Sachverständigengutachten dazu einholen ließ, dass das Softwareupdate unschädlich sei. Dies hatten sowohl VW als auch die Händler beantragt. Nach Ansicht des Landgerichts ist es für die Kläger – die schnelle Gewissheit benötigen – unzumutbar, wenn eine solche sachverständige Untersuchung erst während eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt.
Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der die Verfahren federführend führt und mehr als 30.000 Geschädigte bundesweit vertritt, teilt dazu mit:
„Es ist zu einer wahren Urteilsflut aus Nürnberg gekommen, die deutliche Worte spricht. Nach Ansicht des Gerichts hat VW einen Betrug begangen, für den VW nunmehr einstehen muss. Es ist ein weiterer Meilenstein in der Rechtsprechung, da die Geschädigten immer mehr Recht bekommen.“
Den vollständigen Wortlaut der sechs Urteile können Sie hier nachlesen: